Eesti Ma tulen*

*Estland, ich komme

Es geht wieder los und sowohl Startzeit als auch das Ziel stehen fest. Am 21. Mai 2024 werde ich mal wieder durch die Docktore meinen Heimathafen an der Pinnau verlassen. Das Ziel ist Estland und an Bord wird für die ersten 7 Tage meine Frau sein, die mich u.a. dann durch den NOK begleitet und in Laboe wieder von Bord gehen wird. Immerhin muss sie im Gegensatz zu mir noch arbeiten. Auch der Hund wird von ihr versorgt. Die Reise wird mindesten drei Monate dauern.

Der Gedanke Estland zu bereisen, begleitet mich schon seit vielen Jahren, es ist ein Sehnsuchtsort für mich. Der Hintergrund ist schnell erklärt, ich habe mütterlicherseits estnische Wurzeln. Meine Mutter mit den Vornamen Aino, geboren in Reval (heute Tallin) ist im Alter von 11 Jahren mit ihrer Mutter zum Ende des Krieges nach Deutschland geflohen. Dort ist sie zunächst auf dem Lande in Bayern, dann in München aufgewachsen. Leider hat sie immer nur mit ihrer Mutter estnisch gesprochen, mir und meinem kleineren Bruder hat sie nur ein paar Brocken, u.a., die Zahlwörter 1-10 beigebracht, die ich heute noch kann. Dazu gab es natürlich Geschichten eines Kinderlebens in Reval nahe des „Kiek in de Kök“ und von Tante und Onkel, die auf der Insel Ösel lebten und ihr wunderbare Sommerferien ermöglichten. Kurzum, diese Reise ist eine Herzensangelegenheit. Ich war noch nie in Estland und heute würde ich mir nochmal ihren Rat wünschen. Leider ist meine Mutter vor zwei Jahren im Alter von 89 Jahren verstorben.

Vor einigen Tagen sind die estnischen Karten angekommen, die ich bei Segelfreund Uwe Giese, Nordyacht, bestellt hatte. Er hat mir einen Stapel seiner privaten Bücher zu dem Revier dazugelegt, die ich leihweise verwenden darf, u.a. das lange vergriffene Buch „Baltikum…“ von Jörn Heinrichs. Das ist zwar 20 Jahre alt, aber in Teilen immer noch aktuell. Freund Stefan hat mir zur Vorbereitung Buch und Karte zur schwedischen Ostküste geliehen, das wird mein Weg nach Estland sein. Es geht also von Kiel zu Hanöbucht, weiter nach Gotland und dann rüber nach Ventspils in Lettland. So der Plan, warten wir es ab.

Zur Navigation werde ich wie gewohnt Navionics einsetzen, sowohl auf dem Tablet als auch auf dem Plotter. Ich investiere also zweimalig in die Karten der „Baltic Sea“. Das mache ich seit Jahren so und es bringt mir die für mich nötige Redundanz. Alle auf dem Tablet erstellten Routen lassen sich bequem auf meine B&G-Plotter übertragen. Die estnischen Papierkarten habe ich auf Anraten eines Seglers aus dem Segeln-Forum gekauft, der mit dem Revier vertraut ist. Die Gegend ist steinig und ruft in mir daher besondere Vorsichtsmaßnahmen auf. Die Karten sind in drei spiralgebundene Folder gefasst, mit vielen weiteren Angaben, die sich in aufgedruckten CQR-Codes verbergen. Alle Angaben sind neben estnisch auch in englisch aufgedruckt. Der Invest von knapp 200 EUR scheint mir angemessen.

Natürlich bereite ich mich auch sprachlich auf die Reise vor. Estnisch gilt als schwierige Sprache, denn sie hat eben keine romanischen Wurzeln, wie französisch oder englisch, die für uns leichter zu erlernen sind. Estnisch ist wie Finnisch eine der ugrischen Sprachen oder einfacher gesagt, es gibt zunächst mal keine Verwandtschaft zur deutschen Sprache. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Estlands Geschichte ist geprägt vom Schicksal vieler kleiner Länder, die über die Jahrhunderte zum Spielball der Geschichte wurden. So ist das Wirken der Deutsch-Balten, die einstmals eingewandert, dann aber zur Oberschicht in Estland wurden, auch in vielen angelehnten Worten sichtbar. Trotzdem wird es auch aufgrund der exotischen Grammatik (14 Kasusfälle aber kein Geschlecht und keine Pronomen) nur zum Erlernen der Höflichkeitsfloskeln reichen. Bitte =palun, Danke = aitäh usw. Zum Glück ist es bei den Esten wie bei vielen kleinen Ländern. Sie sind sich bewußt, das sie ohne eine Fremdsprache international nicht bestehen können und so ist englisch in diesem Land sehr verbreitet. BTW: ich war nun auch lange in den Niederlanden und habe die Erfahrung gemacht, dass zumindest in den touristischen Regionen gut deutsch gesprochen wird. Die Erklärung ist die gleiche: „Wir als kleines Land…“

Wie weit mein estnisch reicht, werde ich noch erleben, allerdings bin ich dank meiner Mutter in der Lage bis zu 10 Bier gleichzeitig zu bestellen (s.0.), „Kümme õlut palun“ Das ist doch schon was. 🙂


Ein Gedanke zu “Eesti Ma tulen*

  1. ich freu mich schon auf spannende Berichte! Deine Route ist mir persönlich bekannt, da wird es für mich sicherlich einige Erinnerungen geben.

    Estland ist auf jeden Fall ein tolles Ziel!

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